Broschüre: Fluchtursachen – Krieg, Armut & Umweltzerstörung (Neuauflage 2019)

Wir haben unsere Broschüre zu Fluchtursachen noch einmal überarbeitet, ergänzt und neu aufgelegt. Neu ist z.B. ein längerer Abschnitt zum Thema Umweltzerstörung als Fluchtursache. Wenn ihr Broschüren in Print-Version erhalten möchtet, schreibt uns gerne eine Email und wir schicken euch welche zu.

Wir haben unsere Broschüre zu Fluchtursachen noch einmal überarbeitet, ergänzt und neu aufgelegt. Neu ist z.B. ein längerer Abschnitt zum Thema Umweltzerstörung als Fluchtursache. Wenn ihr Broschüren in Print-Version erhalten möchtet, schreibt uns gerne eine Email und wir schicken euch welche zu.

„Es gibt keine Flüchtlingskrise, sondern eine Systemkrise. Flucht und Migration sind das Ergebnis ungerechter globaler Verhältnisse, in denen ökonomische Interessen über die Rechte der Menschen dominieren.“

Thomas Gebauer – Geschäftsführer der Hilfsorganisation medico international

Themen der Broschüre
Kommentar zur Neuauflage; Fluchtursachen beginnen hier; Fluchtursachen: Krieg Armut und Umweltzerstörung; Deutschlands Kriegspolitik ist Fluchtursache; Deutsche Klimapolitik ist Fluchtursache; Deutsche Banken und Konzerne sind Fluchtverursacher; Die Rolle von Weltbank, IWF und WTO; Europäische Antwort: Grenzsicherung und Abschottung; Frontex; Europas Grenzsicherung – ein Milliardengeschäft; Fluchtursachen bekämpfen, heißt Zusammenhänge verstehen; Die antimilitaristische Bewegung aufbauen

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Kommentar zur Neuauflage

Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich seit unserer zweiten Auflage im Herbst 2017 nicht wesentlich geändert: Es gibt noch immer Kriege, Unternehmen, die daran verdienen und reiche Länder, die mit ihrer zerstörerischen Ausbeutungspolitik von Mensch und Natur Flucht verursachen. Indes wurden die Schrauben an einigen Stellen schärfer angezogen. Die staatliche Praxis mit Geflüchteten wird immer barbarischer: Mit Vollgas steuern wir auf einen katastrophalen Klimakollaps zu und trotzdem werden weiterhin gigantische Flächen an Wald abgeholzt und Unmengen an Treibhausgasen produziert. Das Mittelmeer gleicht einem Massenfriedhof und Deals mit Grenzregimen, wie der zwischen Deutschland und der Türkei, zeigen die pervertierte Handhabung mit Menschen im Kapitalismus – ob Tod oder in Lagern gehalten, hauptsache Geflüchtete gelangen nicht nach Europa. Nicht nur die Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen ist extrem hoch, sondern auch die Asyl- und Abschiebepolitik in Deutschland ist so zugespitzt wie noch nie. Der staatliche und gesellschaftliche Rassismus hat in Deutschland zugenommen und nimmt – nach dem Einzug der AfD in etliche Landesparlamente und in den Bundestag – weiter an Fahrt auf.

Das sind Zeiten, in denen der Widerstand gegen Umweltzerstörung, Abschiebungen, Proteste gegen Unternehmen und Konzerne, die am Krieg verdienen, sowie internationale Solidaritätsarbeit wichtiger und dringlicher werden. Zeiten, in denen wir uns weder spalten noch isolieren lassen. Wir stehen vor der Herausforderung eine antimilitaristische Bewegung aufzubauen. Wir hoffen mit der Broschüre einen kleinen Beitrag zu leisten, indem wir die beteiligten Akteure und ihre Rolle beleuchten und Formen dagegen aktiv zu werden, aufzeigen.

Fluchtursachen beginnen hier

Die weltweite Kluft zwischen arm und reich, zwischen Villen und Elendsvierteln, zwischen Besitzenden und Besitzlosen war noch nie das Ergebnis von Zufällen oder höherer Vorsehung. So sind auch die zahlreichen Kriegsschauplätze und die Millionen von Elend und Armut betroffenen Menschen keine zufällige Erscheinung. Sie sind Ergebnisse globaler Macht- und Herrschaftsverhältnisse und des ungleichen Besitzes an Reichtum und Bodenschätzen. Sie sind das notwendige Resultat des Kapitalismus – einem System, das nicht an dem Wohl und den grundlegenden Bedürfnissen der Menschheit ausgerichtet ist, sondern an den Milliardengewinnen der Banken und Konzerne.

Wenn heute Aufnahmen von durch Bomben zerstörten Städten auf dem Fernsehbildschirm flackern, oder mal wieder der eingenähte Hilferuf einer Näherin aus Bangladesch in einem Primark-Kleidungsstück die Titelseiten bestimmt, dann ist das für Viele nichts weiter als die tägliche Dosis an Negativschlagzeilen. Und doch hat sich in den letzten Jahren und Monaten etwas verändert: Die Konfrontation mit von Krieg, extremer Armut und Naturkatastrophen betroffenen Menschen findet verstärkt nicht mehr nur medial statt. Zunehmend sind wir in den Metropolen der westlichen Industriestaaten mit den betroffenen Menschen unmittelbar und direkt konfrontiert. Sie sind keine bloßen Zahlen, sondern steigen aus Zügen in den Bahnhöfen der Großstädte, besetzen aus Protest öffentliche Plätze und leben in Flüchtlingsunterkünften in direkter Nachbarschaft.

Jahrzehntelang ist es den Herrschenden gelungen die schärfsten Auswirkungen und Krisenerscheinungen des globalen Kapitalismus in Länder außerhalb der Europäischen Union abzuwälzen. Doch die Rechnung geht nicht mehr auf: Selbst die Überwachung und militärische Sicherung der EU-Außengrenzen kann nicht verhindern, dass sich Geflüchtete für ein Leben in Sicherheit auf den Weg nach Europa machen. Immer höhere Stacheldrahtzäune oder der vorgebliche Kampf gegen organisierte Schlepperbanden im Mittelmeer werden nicht zu einer Aufhebung von Flüchtlingsbewegungen führen. Wir möchten Flucht in diesem Kontext betrachten: Als Resultat von ökonomischen, politischen und militärischen Interventionen durch (vor allem) die westlichen Metropolen. Dafür ist es nötig, einen tiefergehenden Blick auf die – dem Kapitalismus innewohnenden – Zwänge zu werfen, die zu den genannten Interventionen führen. Die Fragen, die wir uns stellen, sind: Was sind Ursachen von Flucht? Welche Rolle spielen dabei Kriege und wirtschaftliche Ausbeutung? Was hat das alles mit Deutschland und dem Kapitalismus zu tun? Und wie können wir hier vor Ort aktiv werden und Fluchtursachen bekämpfen?

Fluchtursachen: Krieg, Armut und Umweltzerstörung

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Asyl Erstanträge 2018 in Deutschland

Im Jahr 2018 waren insgesamt 70 Mio. Menschen auf der Flucht. Die Hauptherkunftsländer der Geflüchteten weltweit sind unter anderem Syrien, Afghanistan, der Südsudan und Sudan sowie Somalia und Jemen – alles Länder und Regionen, in denen verheerende Kriege wüten. Laut einem Artikel von ProAsyl kommen auch 2/3 der Geflüchteten, die in Deutschland Asylanträge stellen, aus unmittelbaren Kriegs- und Krisengebieten. Beispielsweise aus Syrien, Türkei, Irak, Iran und Eritrea. Diese Zahlen verdeutlichen den inneren Zusammenhang von Krieg und Flucht.

Die Armut und das soziale Elend von Millionen Menschen ist eine weitere zentrale Fluchtursache. Während 42 Milliardäre 2018 so viel Vermögen besaßen wie 3,7 Milliarden Menschen zusammen, wachsen im globalen Süden die Leichenberge. Laut einem UN-Bericht verhungert alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren und leben 730 Millionen Menschen in extremer Armut, d.h. von weniger als 1,60 Euro am Tag. Die vier Länder Syrien, Afghanistan, Somalia, und Südsudan, aus denen aktuell weltweit die meisten Menschen fliehen, belegen zugleich die hintersten Plätze im Armutsranking der Vereinten Nationen. Viele Regionen in denen Kriege wüten, sind also gleichzeitig auch von Armut geprägt – wenngleich natürlich viele Geflüchtete auch aus Gebieten stammen, in denen nicht direkt kriegerische Handlungen stattfinden, ihnen aber aufgrund von Armut jegliche Lebens- und Existenzgrundlage fehlt.

Auch die globale Klimaerwärmung und Umweltzerstörung zwingt immer mehr Menschen zur Flucht. Viele Regionen sind durch Dürren, Überschwemmungen und Stürme gekennzeichnet. Eine Studie von Greenpeace rechnet vor, dass es heute bereits über 20 Mio. Klimaflüchtlinge gibt. Bis zum Jahr 2040 werden es 200 Mio. sein. Besonders betroffen sind die Sahel-Zone in Afrika, Bangladesch und viele Inseln im Südpazifik. Auch in Europa nehmen extreme Dürrenn und Hitzeperioden zu.

Diese drei Fluchtursachen vereint ein gemeinsamer Ursprung. Hauptverantwortlich für Krieg, Armut und Umweltzerstörung sind die westlichen Industriestaaten.
Aus den kapitalistischen Zentren des Nordens werden Waffen exportiert, Drohnen gelenkt, ArbeiterInnen ausgebeutet und die Klimaerwärmung durch Umweltzerstörung vorangetrieben. Als drittgrößter Waffenexporteur und wirtschaftliche Führungsmacht spielt Deutschland eine bedeutende Rolle bei der globalen Verursachung von Flucht.

Deutschlands Kriegspolitik ist Fluchtursache

Die Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien vor etwa 20 Jahren markierte einen Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik. Es war die erste deutsche Beteiligung an einer NATO-Militärintervention nach der deutschen Wiederbewaffnung und Gründung der Bundeswehr 1955. Seit der Bombardierung Jugoslawiens hat sich Deutschland Schritt für Schritt zu einer bedeutenden Militärmacht hochgearbeitet. Die über Jahre aus Teilen der Politik geforderte „Kultur der [militärischen] Zurückhaltung“ hat endgültig ausgedient.
An ihrer Stelle wird nun ganz offen und direkt für Bundeswehreinsätze rund um den Globus geworben und eine offensive Außen- und Sicherheitspolitik eingefordert:

Nach Jahrzehnten massiver Aufrüstung vertritt Deutschland unverhohlen seinen weltpolitischen Machtanspruch – auch militärisch. Laut Bundeswehr ist Deutschland aktuell mit mehr als 3.315 Bundeswehrsoldaten an 13 Auslandseinsätzen beteiligt (Stand: 11/2019).

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Nato Militärübung „Trident Juncture 2018″ mit über 50.000 Soldaten in Norwegen

Hat Deutschland die neuen Gefahren und Veränderungen im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen? Reagiert es seinem Gewicht entsprechend? […] Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen. […] Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein.“

(Bundespräsident Joachim Gauck, Münchner Sicherheitskonferenz 2014)

Um diesem Anspruch einer Weltmacht gerecht zu werden, wird die Bundeswehr seit Jahren umstrukturiert. Aus einer auf Verteidigung ausgelegten Bundeswehr wurde eine Interventionsarmee geschmiedet, die zu jeder Zeit, an jedem Ort dieser Erde eingesetzt werden kann. Um die zunehmenden Militäreinsätze stemmen zu können, steigt der Rüstungsetat beständig. Bis 2030 sind 130 Mrd. Euro zur Anschaffung neuen Kriegsgeräts vorgesehen und sollen für den erhöhten Personalbedarf 14.300 zusätzliche Soldaten rekrutiert werden. Dieser Bedarf in Verbindung mit der Abschaffung der Wehrpflicht bringt die Bundeswehr dazu, offensiv mit 94 hauptamtlichen Jugendoffizieren an Schulen zu werben und Millionen Euro für Werbekampagnen auszugeben.
Im Jahr 2018 erreichten Jugendoffiziere und Karriereberater mit Vorträgen in Schulen, bei Ausstellungen, Projekttagen, Jobmessen und ähnlichen Veranstaltungen auf dem Schulgelände über 330.000 SchülerInnen.

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Auslandseinsätze der Bundeswehr – Stand November 2019

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Bundeswehr an vielen Militärinterventionen unter Federführung der NATO beteiligt. Und doch hat die imperialistische Aggression nach außen viele Gesichter. Nicht immer wird, wie zuletzt in Afghanistan und Irak, auf eine militärische Intervention mit Bodentruppen gesetzt. Das bestätigen auch die Analysen des regierungsnahen Thinktanks Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Dort heißt es: „Der Afghanistaneinsatz steht für die Erfahrung, dass die Veränderung der Kriegsformen und das Verschwinden der Siege die bisherige Praxis militärischer Interventionen in Frage stellen“. Damit hat der über 15 Jahre andauernde Einsatz von Bundeswehr und NATO in Afghanistan nicht – wie erhofft – einen schnellen militärischen Sieg mit sich gebracht, dafür aber unzählige finanzielle Ressourcen geschluckt. Im Gegenzug dazu, schreibt die SWP in ihrer Studie, hat die „Ukraine-Krise die präventive Wirkung von Militär in Form der Abschreckung wieder auf die Agenda gebracht. Das zwingt dazu, die Rolle des Militärs neu zu bestimmen.“ Diese Aussagen zeichnen eine Trendwende der deutschen Außenpolitik: Um sich möglichst viele Optionen offen zu halten, wird, anstatt einer schnellen Bodenoffensive eigener Truppen, der Aufbau einer militärischen Drohkulisse forciert (Russland, Ukraine), aus der Luft bombardiert (Libyen, Syrien) und / oder kollaborierende politische und militärische Akteure vor Ort logistisch und finanziell unterstützt (Türkei, Ukraine, Syrien). Die Kriegseinsätze der Bundeswehr, sowie die finanzielle und logistische Unterstützung diverser Kriegsparteien sind wesentliche Mittel deutscher Außenpolitik. Weltweit konkurrieren die imperialistischen Staaten um Absatzmärkte, den Zugriff auf Rohstoffe und die Kontrolle von Transport- und Handelswegen. Der wirtschaftliche Aufstieg der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) verschärft die Konkurrenz zusätzlich. Durch Aufrüstung, den Ausbau der Bundeswehr und Investitionen im Ausland will Deutschland die eigene Position im globalen Kräfteringen ausbauen und neue Expansionsmöglichkeiten für das deutsche Kapital schaffen. Ob in Mali, im Kongo, am Horn von Afrika oder in Syrien – immer öfter kommt die Bundeswehr dabei als militärischer Arm deutscher Banken und Konzerne zum Einsatz. Eine besonders erprobte Taktik ist dabei: Erst wird der Gegner weggebombt, eine Marionettenregierung installiert und im Anschluss können sich dann deutsche Konzerne für Milliardenaufträge um den Wiederaufbau der Wirtschaft und der Infrastruktur kümmern. 60 Firmen aus Deutschland sind heute alleine in Afghanistan vertreten und machen mit dem Wiederaufbau Millionengewinne.

Deutsche Klimapolitik ist Fluchtursache

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Klimastreik Demonstration in Stuttgart im September 2019

Die Klimakrise ist eines der folgenschwersten Probleme unserer Zeit. Davor kann auch in Europa kaum noch jemand die Augen verschließen. In anderen Ländern sind die Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels schon längst existenziell betroffen. Im Durchschnitt werden 25,4 Mio. Menschen pro Jahr wegen Umweltkatastrophen vertrieben (Greenpeace 2017). Bleibt ein radikaler Wandel unserer Wirtschaftsweise aus, wird die Anzahl der Klimaflüchtlinge in den nächsten 20 Jahren auf 200 Millionen steigen. Stürme, Erdrutsche und Waldbrände zerstören die Lebensgrundlage von Millionen Menschen und zwingen sie zur Flucht. Langfristige Folgen wie anhaltende Hitzeperioden und Überschwemmungen wegen steigender Meeresspiegel machen unseren Lebensraum dauerhaft unbewohnbar. Damit ist der Klimawandel eines der größten Fluchtursachen weltweit. Besonders betroffen sind die Menschen, die auf dem südlichen Teil der Erde leben. In Sambia gehen die Regenfälle seit sechs Jahren kontinuierlich zurück. Seit November 2018 herrscht eine fürchterliche Dürre, die Ernteausfälle und Preissteigerungen von Lebensmitteln zur Folge hat. Fallen weiter Ernten aus steht dem Land eine Hungerkatastrophe bevor. Trotz der folgenschweren Nutzung fossiler Brennstoffe werden sie weiterhin in Unmengen abgebaut. Das geschieht aus einem einfachen Grund: Sie werfen fette Profite ab. Ein Umstieg auf erneuerbare Energien wäre für die Konzerne aufwändig und teuer. Der Blick vor unsere Haustür veranschaulicht das Problem: Die Politik beschließt den Kohleausstieg und RWE tut so, als könne sie trotzdem unendlich Braunkohle aus der Erde befördern. Das Unternehmen zieht es vor MitarbeiterInnen vor die Tür zu setzen und die Aktionäre mit kurzfristigen Profiten zu beglücken. Für die profitbringende Braunkohle wird der seit Jahrhunderten gewachsenen Urwald zerstört, ganze Dörfer platt gemacht und Familien vertrieben. Deutschlands Unternehmen tragen damit einen erheblichen Teil zur Erderwärmung bei. Die BRD ist auf Platz 6 der größten CO2-Produzenten.

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2008 – 2015:

110 Millionen Menschen verließen ihre Heimat wegen Fluten
60 Millionen Personen flohen wegen Stürmen
362.000 Menschen wurden durch extreme Temperaturen vertrieben
Erdrutsche trieben 704.000 Menschen in die Flucht
362.000 Menschen mussten ihre Heimat wegen Waldbränden verlassen

Quelle: Greenpeace Studie & Internal Displacement Monitoring Center

Es sind die Konzerne der westlichen Industrienationen, die von der Ausbeutung von Mensch und Natur profitieren. Sie sind für die Klimakrise verantwortlich. Allein die zehn größten Konzerne verursachen 71% aller Emissionen. Global agierend beuten sie nicht nur fossile Energieträger sondern auch seltene Erden, besonders in Afrika, aus. Beim Abbau der Rohstoffe werden Sicherheits- und Umweltstandards gerne missachtet. Was für katastrophale Folgen das hat, zeigte sich Anfang 2019 beim brasilianischen Bergbauunternehmen Vale – dem größten Minenbetreiber für Eisenerz. Obwohl die Risiken bekannt waren, hat das Unternehmen das Becken durch unverhältnismäßige Förderung massivst überlastet. Durch dieses fahrlässige Verhalten kam es zum Dammbruch. Etwa 12 Mio. Kubikmeter giftigen Schlamms ergossen sich in den nächsten Fluss, 272 Menschen kamen ums Leben und hunderte mussten aus ihren Dörfern fliehen. Mitunter durch diese Kosteneinsparungen steigerte Vale 2017 so seinen Profit um 38% und machte 5,5 Milliarden Dollar Gewinn. Und der brasilianische Staat? Es war erst die Regierung Brasiliens, die der Bergbauindustrie und dem nationalen Kapital kontrollfreies Agieren gewährt und ermöglicht.

Die Absurdität der Wachstumslogik wird an zahlreichen Orten sichtbar. Vergiftet Flüsse, Meere voller Plastik, verpestete Luft oder ganze Regionen voller (Industrie-)Abfall in Südamerika, Asien oder Osteuropa. Die Produktion der Industrieländer erzeugt gigantische Berge an Müll. In der Regel wird der ins Ausland verschifft und dort verbrannt. Umweltschonend ist das nicht, aber ein gutes Geschäft allemal, auch für deutsche Unternehmen. Polen bekommt aus keinem anderen Land so viel Abfall wie aus Deutschland. Für die Betreiber der Müllanlagen ist die billigste Lösung den Müll zu verbrennen, anstatt viel Geld in Recycling zu investieren. Von diesem illegalen polnischen Geschäftsmodell profitieren deutsche Unternehmen also gleich zweimal: Durch unschlagbar günstige Preise und weil sie sich der Entsorgung nach Umwelt- und Standardkriterien schnell und einfach entledigen und zu den Nachbarn abschieben. Ein Widerspruch tritt gerade im Klimakontext besonders hervor: Unendliches Wachstum und endliche Ressourcen sind nicht miteinander vereinbar. Die Konzerne oder die politische Interessenvertretung kapitalistischer Staaten sind nicht in der Lage oder gewillt die gesellschaftlichen Existenz zu sichern und den Schutz unserer natürlichen Ressourcen zu gewährleisten. Immer größere Teile des Planeten werden unbewohnbar. Auch in den (noch) bewohnbaren Regionen wird das Leben ungemütlicher – nach Innen und nach Außen. Aufs Sorgfältigste werden die Mauern an den Grenzen und in den Behörden hochgezogen und immerfort verstärkt. Klimawandel und Umweltzerstörung bspw. werden als Fluchtgründe gar nicht erst anerkannt. Noch schneller saust da der behördliche Stempel auf die Ablehnungsbescheide und zementiert damit das Schicksal fliehender Menschen.

Deutsche Banken und Konzerne sind Fluchtverursacher

Das ökonomische Einflussgebiet deutscher Banken und Konzerne erstreckt sich heute über alle Kontinente. Mit steigendem Kapitalexport durch Unternehmensfusionen, dem Kauf von oder Beteiligungen an ausländischen Firmen, Krediten, Kapitaltransfers zur Gründung neuer Unternehmen im Ausland und reinvestierte Erträge von Tochtergesellschaften im Ausland hat das deutsche Kapital Monopole geschaffen und seine Stellung im globalen Konkurrenzkampf gefestigt. Bereits 1980 befanden sich unter den 100 größten Industrieunternehmen der Welt 14 aus Deutschland – darunter VW, Siemens, Daimler-Benz, Bayer, BASF und Thyssen. Seitdem hat sich das deutsche Kapital weiter ausgedehnt und sichert sich Absatzmärkte und Einflussgebiete in aller Welt. Der Gesamtbestand an deutschen Direktinvestitionen im Ausland erhöhte sich von 84 Mrd. DM (1981) über 600 Mrd. Euro (2000) auf 2.109 Mrd. Euro (2018).

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Deutsche Direktinvestitionen im Ausland in Mrd.

Und investiert wird überall. Ob dabei Menschen- und Gewerkschaftsrechte mit Füßen getreten werden, ist aufgrund der Profitlogik nicht von Interesse. So kooperierten zum Beispiel deutsche Firmen wie der VW-Konzern Anfang der 70er Jahre mit der faschistischen Militärdiktatur unter General Pinochet in Chile. Heute nehmen diesen Platz bspw. die reaktionären Regime in Saudi-Arabien und der Türkei ein. Der Kapitalexport dient also nicht einer nachhaltigen und ökologischen Weltwirtschaft, sondern der Profitmaximierung zugunsten weniger Aktionäre, Banker und Firmeneigentümer. Deutsche Textilfirmen lassen für Hungerlöhne in den Produktionsstätten Asiens produzieren, deutsche und europäische Fischereiflotten plündern die Fischbestände vor den Küsten Afrikas und deutsche Banken spekulieren mit Lebensmittelpreisen an den Börsen. Für Maximalprofite werden ArbeiterInnen, einheimische FischerInnen und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in die Armut getrieben und damit Flucht erzeugt.

Die Rolle von Weltbank, IWF und WTO

Wegbereiter für die Expansion deutscher Unternehmen und den uneingeschränkten Zugang zu Ressourcen und billigen Arbeitskräften spielen dabei Institutionen wie die Weltbank, der Internationale Währungsfond und die Welthandelsorganisation. Vor allem wirtschaftlich weniger entwickelte Länder des Südens sind auf Kredite genau dieser Institutionen angewiesen, welche aber nur gegen Auflagen gewährt werden. Diese Bedingungen folgen alle dem gleichen Muster: Abbau von Zoll- und Handelsbeschränkungen, Deregulierung und Privatisierung aller gesellschaftlicher Bereiche, wie dem Gesundheitssystem, öffentlichem Nah- und Fernverkehr oder Telekommunikation. Mit diesen Maßnahmen soll der staatliche Einfluss zurückgedrängt und alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens für ausländische Konzerne geöffnet werden. Dies führt in der Regel zu einem Ansteigen des Rohstoffexports, einer Schwächung der Industrie und letztendlich zum Import fertiger Produkte in den Süden, was es den abhängigen Ländern bedeutend erschwert aus diesem Teufelskreis auszubrechen.

Europäische Antwort: Grenzsicherung und Abschottung

Die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland ist von 2015 auf 2019 zurückgegangen, doch die prekären Lebensbedingungen und Kriege in den Hauptherkunftsländern halten weiter an. Das verdeutlicht die Antwort Deutschlands und der EU auf die steigenden Flüchtlingszahlen: Nicht ein Stopp der Rüstungsexporte, ein Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr oder der Schutz der Umwelt, sondern vielmehr Abschottung, militärische Grenzsicherung und rassistische Hetze.

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Frontex in Aktion

Nach einer kurzen Phase der „Grenzöffnung“ sind die etablierten Parteien wieder zum Alltagsgeschäft übergegangen: Um Abschiebungen schneller tätigen zu können, wurden zahlreiche Länder zu sogenannten sicheren Herkunftsländern deklariert, finden wieder verstärkt Grenzkontrollen statt und wurden Flüchtlings-Deals beschlossen.
Was die AfD für Deutschland fordert, hat die Bundesregierung auf europäischer Ebene längst vollzogen. Mit Hilfe von Frontex (siehe Kasten) sichert die EU militärisch ihre Grenzen, um die Opfer ihrer weltweiten kapitalistischen Politik nicht im eigenen Land zu haben.

Effektive Seenotrettung ist seitens Deutschlands und der EU politisch nicht gewollt, was auch am Umgang mit dem Seenotrettungsprogramm Mare Nostrum ersichtlich wurde. Mare Nostrum war eine vergleichsweise effektive Operation der italienischen Marine und Küstenwache zur Seenotrettung von Geflüchteten. Die Operation startete unmittelbar nach der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa im Oktober 2013 mit 366 ertrunkenen Menschen und dem darauf folgenden medialen Aufschrei und gesellschaftlichen Druck. Die Kosten für das Programm beliefen sich auf 9,3 Mio. Euro im Monat und 112 Mio. Euro im Jahr. Das Einsatzgebiet von Mare Nostrum reichte bis zur libyschen Küste und es konnten über 100.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet werden. Doch Mare Nostrum wurde eingestellt, weil sich die EU der Finanzierung verweigerte. Ein Vergleich: Die Kosten für den G7 Gipfel 2015 beliefen sich auf 360 Mio. Euro. Für ein 28 Stunden-Treffen von sieben Staats- und Regierungschefs wurde so viel Geld ausgegeben, wie drei Jahre „effektive“ Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer gekostet hätten. Anstelle von Mare Nostrum wurde 2014 die Internationale Operation Triton gestartet. Die EU beauftragte hierzu Frontex. Offensichtlich wird hier, dass es also um Grenzuschutz und nicht um die Rettung von Menschen in Seenot geht. Gleichzeitig ist auch die Finanzierung ein Schnäppchen. Die Kosten für Triton belaufen sich auf nur 36 Mio. Euro pro Jahr. Seit der Ablösung von Mare Nostrum durch Triton ist die Zahl der ertrunkenen Geflüchtete im Mittelmeer um das 16-fache gestiegen.

Zahlreiche NGOs – wie Sea-Eye, Jugend rettet oder SeaWatch – versuch(t)en Menschenleben auf dem Mittelmeer zu retten. Doch von unterschiedlichen Seiten wird ihnen die Arbeit erschwert: Beispielsweise organisiert die – über EU-Gelder aufgerüstete – lybische Küstenwache in Kooperation mit der EU „Push-back“ Aktionen und drängt so Flüchtlinge zurück. Dabei wird den Rettungs-NGOs nicht nur die Arbeit erschwert, sondern sie werden auch massiv bedroht. Gleichzeitig werden die NGOs in Deutschland und der EU kriminalisiert und delegitimiert, indem ihnen Zusammenarbeit mit Schleppern unterstellt wird oder sie zur Unterzeichnung von Verhaltenskodixi gedrängt werden, welche das internationale Seerecht brechen.

Frontex

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex wurde 2004 gegründet und dient der Kontrolle und militärischen Abriegelung der EU-Außengrenzen. Die Organisation wurde von der EU bewusst als private Agentur und nicht etwa als europäische Behörde aufgestellt, damit sie möglichst wenig rechtlichen Bindungen und parlamentarischer Kontrolle unterliegt. Frontex verfügt über ein ganzes Arsenal an militärischen Überwachungsgeräten: 20 Flugzeuge, 25 Hubschrauber, 100 Boote, Drohnen, Kamera- und Satelitensuchsysteme. Mit Hilfe dieser Hightech-Instrumente sollen Fliehende frühst möglich aufgespürt und an ihrer Weiterreise gehindert werden. Das hochmoderne Equipment ermöglicht Frontex eine nahezu lückenlose Überwachung des Mittelmeers sowie Erkenntnisse darüber, wann ein Schiff mit Fliehenden, an welchem Ort in Seenot ist. Allein 2016 sind rund 5.000 Menschen, die sich auf der Flucht befanden, im Mittelmeer ertrunken. Es ist also keine andere Schlussfolgerung möglich, als dass die Überwachung und militärische Abwehr vor der Lebensrettung von Geflüchteten stehen.

Europas Grenzsicherung – ein Milliardengeschäft

Die Leidtragenden der europäischen Grenzsicherung sind die vielen tausend Geflüchteten, die jedes Jahr auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer in Seenot geraten und ertrinken. Die Gewinner der militärischen Abschottung sind derweil Rüstungskonzerne und Sicherheitsagenturen. Der Londoner Branchendienst Strategic Defence Intelligence (SDI) prognostiziert, dass die EU in den kommenden zehn Jahren zu einem der größten Absatzmärkte für Grenzverteidigung wird. Von 2014 bis 2020 stellt die EU neun Mrd. für die Grenzsicherung zur Verfügung. Die Grenzsicherung besteht nicht mehr, wie vor 30 Jahren, aus weithin sichtbarem Beton und Stacheldraht. Heute schotten Helikopter, Drohnen und Schiffe die Grenzen ab. Insgesamt sind seit 1990 neue Grenzbefestigungen mit einer Länge von rund 1.000 Kilometern entstanden.

Im Europäischen Sicherheitsforschungsprogramm (ESFP) beraten Rüstungskonzerne die EU-Kommission in Fragen der Grenzsicherung. In diesen Gremien sitzen Vertreter aus der Rüstungsindustrie und anderen Konzernen in leitenden Positionen, darunter EADS, Thales, Siemes, Deutsche Post, der italienische Rüstungskonzern Finmeccanica oder der französische Drohnenproduzent Sagem. Gleichzeitig machen Hersteller von tödlichem NATO-Stacheldraht steigende Profite. Der militärisch-industrielle Komplex übt also zunehmend Einfluss auf die EU-Flüchtlingspolitik aus, denn Rüstungskonzerne machen mit dem Geschäft der Flüchtlingsabwehr Milliardenprofite. Und auch Firmen aus der Baubranche, der Schifffahrt und dem Technologiesektor freuen sich über sprudelnde Fördermittel und die Militarisierung der Grenzen. Doch Fluchtbewegungen lassen sich nicht mit Repression bekämpfen, sondern nur durch das Bekämpfen von Fluchtursachen.

Fluchtursachen bekämpfen, heißt Zusammenhänge verstehen

Jeder Krieg erzeugt Flucht, und hinter jedem Krieg stehen politische und wirtschaftliche Interessen. Am meisten leidet unter Kriegen die Zivilbevölkerung: Die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und die grausamen Gewaltakte, die sie im Krieg erleben, lässt ihnen oftmals keine andere Wahl als ihre bisherige Heimat zu verlassen. Genau wie zwischen Flucht und Krieg ein Zusammenhang besteht, ist diese Verknüpung auch zwischen Krieg und Kapitalismus gegeben – „der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“ (Jean Jaurés).

Durch den Zwang der Profitmaximierung gerät die Kapitalistenklasse in einen Konkurrenzkampf um menschliche und natürliche Ressourcen. Es geht um den uneingeschränkten Zugang zu Bodenschätzen, die Erschließung neuer Absatzmärkte, Produktionsstandorte und billige Arbeitskräfte. Dieser Konkurrenzkampf wird, wenn die Mittel der Diplomatie und Wirtschaftssanktionen nicht mehr ausreichen, letztendlich mit Waffengewalt geführt.

Die imperialistischen Länder führen aktuell Stellvertreterkriege, deren Schlachtfelder sich im Nahen Osten, der Ukraine und Afrika befinden. Zwischen Kapitalismus und einer friedlichen Entwicklung der Welt besteht also ein unlösbarer Widerspruch. Das bedeutet, der Kampf gegen Fluchtursachen geht einher mit dem Kampf gegen Krieg und Militär, sowie dem Kampf gegen die kapitalistischen Verhältnisse.

Fluchtursachen bekämpfen, heißt die antimilitaristische Bewegung aufbauen

Eine gute Möglichkeit gegen Fluchtursachen aktiv zu werden, ist das Engagement gegen die kriegerische Mobilmachung. Dabei verlassen wir uns nicht auf den Staat, der diesen Zustand verwaltet, Rüstungsausgaben steigert, Kriegsmandate durch die Parlamenten winkt und mit einer militarisierten Aufstandsbekämpfung gegen soziale und antikapitalistische Bewegungen vorgeht. Abrüstung ist Handarbeit. Es gibt bundesweit wenige Strukturen, die in der Antikriegsarbeit aktiv sind. Im Aufbau einer antimilitaristischen Bewegung stehen wir daher vor großen Herausforderungen. Die letzten großen Proteste gegen imperialistische Kriege liegen viele Jahre zurück. Zuletzt beteiligten sich 2003 mehrere Millionen Menschen an Aktionen gegen die Militärintervention im Irak. In Deutschland gibt es eine große gesellschaftliche Ablehnung von Kriegseinsätzen der Bundeswehr. Über die Hälfte der Bevölkerung sprechen sich alleine gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan aus. Ähnliche Werte hat auch die Ablehnung gegen den Kriegseinsatz ist (Nord)Syrien. Auch die Sammelabschiebungen in die Kriegsregion Afghanistan, die seit Winter 2016 Regierungspraxis auch in Baden-Württemberg geworden sind, stoßen in der Bevölkerung auf Unverständnis und breite Ablehnung.

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Antimilitaristische Aktion in Berlin

Mit dem Aufbau von antimilitaristischen Strukturen und in Selbstorganisation gilt es die vorhandene passive Ablehnung eines Großteils der Bevölkerung in sichtbar aktives Handeln gegen Krieg und Militarisierung zu wandeln. Dafür ist es nötig, das Kriegstreiben in all seinen Facetten hier vor Ort sicht- und angreifbar zu machen. Krieg ist nichts abstraktes was in anderen Ländern stattfindet und nur durch Medien oder das Fernsehen in unser Wohnzimmer eindringt. Kriege werden vor unserer Haustür vorbereitet, koordiniert und geübt. Kriegslogistik wird hier produziert. Hier wird geworben, geforscht und rekrutiert. Daher gibt es viele Ansatzmöglichkeiten für eine antimilitaristische Arbeit vor Ort: Einerseits die direkt militärisch erkennbaren Rüstungsindustrien, Bundeswehreinrichtungen und Truppenübungsplätze, andererseits viele auf den ersten Blick zivile Bereiche, die jedoch genauso wichtige Kampffelder der Antikriegsarbeit sind. Beispielsweise Schulen, Arbeitsagenturen und Universitäten. Wir können uns an Fluchtverursachern die Zähne ausbeißen. Denn es gibt nicht nur eine Bank, einen Konzern oder eine Militäreinrichtung, die es anzugehen gilt. Wir haben es mit einem ganzen Netzwerk von tausenden Unternehmen, Institutionen und Kriegstreibern zu tun, die eine berechtigte Zielscheibe für unseren Protest sind. Es handelt sich also nicht um Einzelfälle, sondern um ein ganzes System. Folglich ist es wichtig bei unseren Aktionen immer auch die Systemfrage zu stellen.

Wo auch immer sich die Bundeswehr, die Deutsche Bank, Heckler&Koch oder andere Kriegstreiber präsentieren, da werden auch wir sein. Wir wollen stören, Gegenproteste organisieren und Öffentlichkeit für antimilitaristische Positionen schaffen. Wir sind keine PazifistInnen und der legale Rahmen ist für Aktionen keine Haltelinie. Wenn wir mit Formen des zivilen Ungehorsams wie Sitzblockaden Militärmanöver behindern können, dann ist das richtig. Wenn die Fließbänder der Waffenproduktion oder die Bildschirme in den Zentralen der Drohnenkriegsführung aufgrund technischer Defekte ausfallen, dann sind all das richtige Ansätze. Es geht um nichts anderes, als Sand in das Getriebe der Kriegsmaschinerie zu streuen.

Lasst uns in den militärischen Normalzustand intervenieren, indem wir den militärisch-industriellen Komplex markieren, blockieren, sabotieren. Bekämpfen wir diese Verhältnisse gemeinsam.

Weiterführende Links:

Fluchtursachen bekämpfen:
www.fluchtursachen.tk
www.facebook.com/fluchtursachen

Antimilitaristische Analysen:
www.imi-online.de

Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung
www.otkm-stuttgart.tk
www.facebook.com/OffenesTreffenGegenKriegStuttgart

Initiative Kurdistan Solidarität Stuttgart
www.initiative-kurdistan.tk
www.facebook.com/initiativekurdistan

Aktionstreffen Klimagerechtigkeit
www.atk0711.wordpress.com
www.instagram.com/klimatreffen_st

Bloßes Lob des Friedens ist einfach, aber wirkungslos. Was wir brauchen, ist aktive Teilnahme am Kampf gegen den Krieg und alles was zum Krieg führt.“

Albert Einstein

„Es gibt keine Flüchtlingskrise, sondern eine Systemkrise. Flucht und Migration sind das Ergebnis ungerechter globaler Verhältnisse, in denen ökonomische Interessen über die Rechte der Menschen dominieren.“

Thomas Gebauer – Geschäftsführer der Hilfsorganisation medico international

Themen der Broschüre
Kommentar zur Neuauflage; Fluchtursachen beginnen hier; Fluchtursachen: Krieg Armut und Umweltzerstörung; Deutschlands Kriegspolitik ist Fluchtursache; Deutsche Klimapolitik ist Fluchtursache; Deutsche Banken und Konzerne sind Fluchtverursacher; Die Rolle von Weltbank, IWF und WTO; Europäische Antwort: Grenzsicherung und Abschottung; Frontex; Europas Grenzsicherung – ein Milliardengeschäft; Fluchtursachen bekämpfen, heißt Zusammenhänge verstehen; Die antimilitaristische Bewegung aufbauen

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Kommentar zur Neuauflage

Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich seit unserer zweiten Auflage im Herbst 2017 nicht wesentlich geändert: Es gibt noch immer Kriege, Unternehmen, die daran verdienen und reiche Länder, die mit ihrer zerstörerischen Ausbeutungspolitik von Mensch und Natur Flucht verursachen. Indes wurden die Schrauben an einigen Stellen schärfer angezogen. Die staatliche Praxis mit Geflüchteten wird immer barbarischer: Mit Vollgas steuern wir auf einen katastrophalen Klimakollaps zu und trotzdem werden weiterhin gigantische Flächen an Wald abgeholzt und Unmengen an Treibhausgasen produziert. Das Mittelmeer gleicht einem Massenfriedhof und Deals mit Grenzregimen, wie der zwischen Deutschland und der Türkei, zeigen die pervertierte Handhabung mit Menschen im Kapitalismus – ob Tod oder in Lagern gehalten, hauptsache Geflüchtete gelangen nicht nach Europa. Nicht nur die Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen ist extrem hoch, sondern auch die Asyl- und Abschiebepolitik in Deutschland ist so zugespitzt wie noch nie. Der staatliche und gesellschaftliche Rassismus hat in Deutschland zugenommen und nimmt – nach dem Einzug der AfD in etliche Landesparlamente und in den Bundestag – weiter an Fahrt auf.

Das sind Zeiten, in denen der Widerstand gegen Umweltzerstörung, Abschiebungen, Proteste gegen Unternehmen und Konzerne, die am Krieg verdienen, sowie internationale Solidaritätsarbeit wichtiger und dringlicher werden. Zeiten, in denen wir uns weder spalten noch isolieren lassen. Wir stehen vor der Herausforderung eine antimilitaristische Bewegung aufzubauen. Wir hoffen mit der Broschüre einen kleinen Beitrag zu leisten, indem wir die beteiligten Akteure und ihre Rolle beleuchten und Formen dagegen aktiv zu werden, aufzeigen.

Fluchtursachen beginnen hier

Die weltweite Kluft zwischen arm und reich, zwischen Villen und Elendsvierteln, zwischen Besitzenden und Besitzlosen war noch nie das Ergebnis von Zufällen oder höherer Vorsehung. So sind auch die zahlreichen Kriegsschauplätze und die Millionen von Elend und Armut betroffenen Menschen keine zufällige Erscheinung. Sie sind Ergebnisse globaler Macht- und Herrschaftsverhältnisse und des ungleichen Besitzes an Reichtum und Bodenschätzen. Sie sind das notwendige Resultat des Kapitalismus – einem System, das nicht an dem Wohl und den grundlegenden Bedürfnissen der Menschheit ausgerichtet ist, sondern an den Milliardengewinnen der Banken und Konzerne.

Wenn heute Aufnahmen von durch Bomben zerstörten Städten auf dem Fernsehbildschirm flackern, oder mal wieder der eingenähte Hilferuf einer Näherin aus Bangladesch in einem Primark-Kleidungsstück die Titelseiten bestimmt, dann ist das für Viele nichts weiter als die tägliche Dosis an Negativschlagzeilen. Und doch hat sich in den letzten Jahren und Monaten etwas verändert: Die Konfrontation mit von Krieg, extremer Armut und Naturkatastrophen betroffenen Menschen findet verstärkt nicht mehr nur medial statt. Zunehmend sind wir in den Metropolen der westlichen Industriestaaten mit den betroffenen Menschen unmittelbar und direkt konfrontiert. Sie sind keine bloßen Zahlen, sondern steigen aus Zügen in den Bahnhöfen der Großstädte, besetzen aus Protest öffentliche Plätze und leben in Flüchtlingsunterkünften in direkter Nachbarschaft.

Jahrzehntelang ist es den Herrschenden gelungen die schärfsten Auswirkungen und Krisenerscheinungen des globalen Kapitalismus in Länder außerhalb der Europäischen Union abzuwälzen. Doch die Rechnung geht nicht mehr auf: Selbst die Überwachung und militärische Sicherung der EU-Außengrenzen kann nicht verhindern, dass sich Geflüchtete für ein Leben in Sicherheit auf den Weg nach Europa machen. Immer höhere Stacheldrahtzäune oder der vorgebliche Kampf gegen organisierte Schlepperbanden im Mittelmeer werden nicht zu einer Aufhebung von Flüchtlingsbewegungen führen. Wir möchten Flucht in diesem Kontext betrachten: Als Resultat von ökonomischen, politischen und militärischen Interventionen durch (vor allem) die westlichen Metropolen. Dafür ist es nötig, einen tiefergehenden Blick auf die – dem Kapitalismus innewohnenden – Zwänge zu werfen, die zu den genannten Interventionen führen. Die Fragen, die wir uns stellen, sind: Was sind Ursachen von Flucht? Welche Rolle spielen dabei Kriege und wirtschaftliche Ausbeutung? Was hat das alles mit Deutschland und dem Kapitalismus zu tun? Und wie können wir hier vor Ort aktiv werden und Fluchtursachen bekämpfen?

Fluchtursachen: Krieg, Armut und Umweltzerstörung

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Asyl Erstanträge 2018 in Deutschland

Im Jahr 2018 waren insgesamt 70 Mio. Menschen auf der Flucht. Die Hauptherkunftsländer der Geflüchteten weltweit sind unter anderem Syrien, Afghanistan, der Südsudan und Sudan sowie Somalia und Jemen – alles Länder und Regionen, in denen verheerende Kriege wüten. Laut einem Artikel von ProAsyl kommen auch 2/3 der Geflüchteten, die in Deutschland Asylanträge stellen, aus unmittelbaren Kriegs- und Krisengebieten. Beispielsweise aus Syrien, Türkei, Irak, Iran und Eritrea. Diese Zahlen verdeutlichen den inneren Zusammenhang von Krieg und Flucht.

Die Armut und das soziale Elend von Millionen Menschen ist eine weitere zentrale Fluchtursache. Während 42 Milliardäre 2018 so viel Vermögen besaßen wie 3,7 Milliarden Menschen zusammen, wachsen im globalen Süden die Leichenberge. Laut einem UN-Bericht verhungert alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren und leben 730 Millionen Menschen in extremer Armut, d.h. von weniger als 1,60 Euro am Tag. Die vier Länder Syrien, Afghanistan, Somalia, und Südsudan, aus denen aktuell weltweit die meisten Menschen fliehen, belegen zugleich die hintersten Plätze im Armutsranking der Vereinten Nationen. Viele Regionen in denen Kriege wüten, sind also gleichzeitig auch von Armut geprägt – wenngleich natürlich viele Geflüchtete auch aus Gebieten stammen, in denen nicht direkt kriegerische Handlungen stattfinden, ihnen aber aufgrund von Armut jegliche Lebens- und Existenzgrundlage fehlt.

Auch die globale Klimaerwärmung und Umweltzerstörung zwingt immer mehr Menschen zur Flucht. Viele Regionen sind durch Dürren, Überschwemmungen und Stürme gekennzeichnet. Eine Studie von Greenpeace rechnet vor, dass es heute bereits über 20 Mio. Klimaflüchtlinge gibt. Bis zum Jahr 2040 werden es 200 Mio. sein. Besonders betroffen sind die Sahel-Zone in Afrika, Bangladesch und viele Inseln im Südpazifik. Auch in Europa nehmen extreme Dürrenn und Hitzeperioden zu.

Diese drei Fluchtursachen vereint ein gemeinsamer Ursprung. Hauptverantwortlich für Krieg, Armut und Umweltzerstörung sind die westlichen Industriestaaten.
Aus den kapitalistischen Zentren des Nordens werden Waffen exportiert, Drohnen gelenkt, ArbeiterInnen ausgebeutet und die Klimaerwärmung durch Umweltzerstörung vorangetrieben. Als drittgrößter Waffenexporteur und wirtschaftliche Führungsmacht spielt Deutschland eine bedeutende Rolle bei der globalen Verursachung von Flucht.

Deutschlands Kriegspolitik ist Fluchtursache

Die Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien vor etwa 20 Jahren markierte einen Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik. Es war die erste deutsche Beteiligung an einer NATO-Militärintervention nach der deutschen Wiederbewaffnung und Gründung der Bundeswehr 1955. Seit der Bombardierung Jugoslawiens hat sich Deutschland Schritt für Schritt zu einer bedeutenden Militärmacht hochgearbeitet. Die über Jahre aus Teilen der Politik geforderte „Kultur der [militärischen] Zurückhaltung“ hat endgültig ausgedient.
An ihrer Stelle wird nun ganz offen und direkt für Bundeswehreinsätze rund um den Globus geworben und eine offensive Außen- und Sicherheitspolitik eingefordert:

Nach Jahrzehnten massiver Aufrüstung vertritt Deutschland unverhohlen seinen weltpolitischen Machtanspruch – auch militärisch. Laut Bundeswehr ist Deutschland aktuell mit mehr als 3.315 Bundeswehrsoldaten an 13 Auslandseinsätzen beteiligt (Stand: 11/2019).

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Nato Militärübung „Trident Juncture 2018“ mit über 50.000 Soldaten in Norwegen

Hat Deutschland die neuen Gefahren und Veränderungen im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen? Reagiert es seinem Gewicht entsprechend? […] Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen. […] Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein.“

(Bundespräsident Joachim Gauck, Münchner Sicherheitskonferenz 2014)

Um diesem Anspruch einer Weltmacht gerecht zu werden, wird die Bundeswehr seit Jahren umstrukturiert. Aus einer auf Verteidigung ausgelegten Bundeswehr wurde eine Interventionsarmee geschmiedet, die zu jeder Zeit, an jedem Ort dieser Erde eingesetzt werden kann. Um die zunehmenden Militäreinsätze stemmen zu können, steigt der Rüstungsetat beständig. Bis 2030 sind 130 Mrd. Euro zur Anschaffung neuen Kriegsgeräts vorgesehen und sollen für den erhöhten Personalbedarf 14.300 zusätzliche Soldaten rekrutiert werden. Dieser Bedarf in Verbindung mit der Abschaffung der Wehrpflicht bringt die Bundeswehr dazu, offensiv mit 94 hauptamtlichen Jugendoffizieren an Schulen zu werben und Millionen Euro für Werbekampagnen auszugeben.
Im Jahr 2018 erreichten Jugendoffiziere und Karriereberater mit Vorträgen in Schulen, bei Ausstellungen, Projekttagen, Jobmessen und ähnlichen Veranstaltungen auf dem Schulgelände über 330.000 SchülerInnen.

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Auslandseinsätze der Bundeswehr – Stand November 2019

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Bundeswehr an vielen Militärinterventionen unter Federführung der NATO beteiligt. Und doch hat die imperialistische Aggression nach außen viele Gesichter. Nicht immer wird, wie zuletzt in Afghanistan und Irak, auf eine militärische Intervention mit Bodentruppen gesetzt. Das bestätigen auch die Analysen des regierungsnahen Thinktanks Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Dort heißt es: „Der Afghanistaneinsatz steht für die Erfahrung, dass die Veränderung der Kriegsformen und das Verschwinden der Siege die bisherige Praxis militärischer Interventionen in Frage stellen“. Damit hat der über 15 Jahre andauernde Einsatz von Bundeswehr und NATO in Afghanistan nicht – wie erhofft – einen schnellen militärischen Sieg mit sich gebracht, dafür aber unzählige finanzielle Ressourcen geschluckt. Im Gegenzug dazu, schreibt die SWP in ihrer Studie, hat die „Ukraine-Krise die präventive Wirkung von Militär in Form der Abschreckung wieder auf die Agenda gebracht. Das zwingt dazu, die Rolle des Militärs neu zu bestimmen.“ Diese Aussagen zeichnen eine Trendwende der deutschen Außenpolitik: Um sich möglichst viele Optionen offen zu halten, wird, anstatt einer schnellen Bodenoffensive eigener Truppen, der Aufbau einer militärischen Drohkulisse forciert (Russland, Ukraine), aus der Luft bombardiert (Libyen, Syrien) und / oder kollaborierende politische und militärische Akteure vor Ort logistisch und finanziell unterstützt (Türkei, Ukraine, Syrien). Die Kriegseinsätze der Bundeswehr, sowie die finanzielle und logistische Unterstützung diverser Kriegsparteien sind wesentliche Mittel deutscher Außenpolitik. Weltweit konkurrieren die imperialistischen Staaten um Absatzmärkte, den Zugriff auf Rohstoffe und die Kontrolle von Transport- und Handelswegen. Der wirtschaftliche Aufstieg der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) verschärft die Konkurrenz zusätzlich. Durch Aufrüstung, den Ausbau der Bundeswehr und Investitionen im Ausland will Deutschland die eigene Position im globalen Kräfteringen ausbauen und neue Expansionsmöglichkeiten für das deutsche Kapital schaffen. Ob in Mali, im Kongo, am Horn von Afrika oder in Syrien – immer öfter kommt die Bundeswehr dabei als militärischer Arm deutscher Banken und Konzerne zum Einsatz. Eine besonders erprobte Taktik ist dabei: Erst wird der Gegner weggebombt, eine Marionettenregierung installiert und im Anschluss können sich dann deutsche Konzerne für Milliardenaufträge um den Wiederaufbau der Wirtschaft und der Infrastruktur kümmern. 60 Firmen aus Deutschland sind heute alleine in Afghanistan vertreten und machen mit dem Wiederaufbau Millionengewinne.

Deutsche Klimapolitik ist Fluchtursache

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Klimastreik Demonstration in Stuttgart im September 2019

Die Klimakrise ist eines der folgenschwersten Probleme unserer Zeit. Davor kann auch in Europa kaum noch jemand die Augen verschließen. In anderen Ländern sind die Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels schon längst existenziell betroffen. Im Durchschnitt werden 25,4 Mio. Menschen pro Jahr wegen Umweltkatastrophen vertrieben (Greenpeace 2017). Bleibt ein radikaler Wandel unserer Wirtschaftsweise aus, wird die Anzahl der Klimaflüchtlinge in den nächsten 20 Jahren auf 200 Millionen steigen. Stürme, Erdrutsche und Waldbrände zerstören die Lebensgrundlage von Millionen Menschen und zwingen sie zur Flucht. Langfristige Folgen wie anhaltende Hitzeperioden und Überschwemmungen wegen steigender Meeresspiegel machen unseren Lebensraum dauerhaft unbewohnbar. Damit ist der Klimawandel eines der größten Fluchtursachen weltweit. Besonders betroffen sind die Menschen, die auf dem südlichen Teil der Erde leben. In Sambia gehen die Regenfälle seit sechs Jahren kontinuierlich zurück. Seit November 2018 herrscht eine fürchterliche Dürre, die Ernteausfälle und Preissteigerungen von Lebensmitteln zur Folge hat. Fallen weiter Ernten aus steht dem Land eine Hungerkatastrophe bevor. Trotz der folgenschweren Nutzung fossiler Brennstoffe werden sie weiterhin in Unmengen abgebaut. Das geschieht aus einem einfachen Grund: Sie werfen fette Profite ab. Ein Umstieg auf erneuerbare Energien wäre für die Konzerne aufwändig und teuer. Der Blick vor unsere Haustür veranschaulicht das Problem: Die Politik beschließt den Kohleausstieg und RWE tut so, als könne sie trotzdem unendlich Braunkohle aus der Erde befördern. Das Unternehmen zieht es vor MitarbeiterInnen vor die Tür zu setzen und die Aktionäre mit kurzfristigen Profiten zu beglücken. Für die profitbringende Braunkohle wird der seit Jahrhunderten gewachsenen Urwald zerstört, ganze Dörfer platt gemacht und Familien vertrieben. Deutschlands Unternehmen tragen damit einen erheblichen Teil zur Erderwärmung bei. Die BRD ist auf Platz 6 der größten CO2-Produzenten.

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2008 – 2015:

110 Millionen Menschen verließen ihre Heimat wegen Fluten
60 Millionen Personen flohen wegen Stürmen
362.000 Menschen wurden durch extreme Temperaturen vertrieben
Erdrutsche trieben 704.000 Menschen in die Flucht
362.000 Menschen mussten ihre Heimat wegen Waldbränden verlassen

Quelle: Greenpeace Studie & Internal Displacement Monitoring Center

Es sind die Konzerne der westlichen Industrienationen, die von der Ausbeutung von Mensch und Natur profitieren. Sie sind für die Klimakrise verantwortlich. Allein die zehn größten Konzerne verursachen 71% aller Emissionen. Global agierend beuten sie nicht nur fossile Energieträger sondern auch seltene Erden, besonders in Afrika, aus. Beim Abbau der Rohstoffe werden Sicherheits- und Umweltstandards gerne missachtet. Was für katastrophale Folgen das hat, zeigte sich Anfang 2019 beim brasilianischen Bergbauunternehmen Vale – dem größten Minenbetreiber für Eisenerz. Obwohl die Risiken bekannt waren, hat das Unternehmen das Becken durch unverhältnismäßige Förderung massivst überlastet. Durch dieses fahrlässige Verhalten kam es zum Dammbruch. Etwa 12 Mio. Kubikmeter giftigen Schlamms ergossen sich in den nächsten Fluss, 272 Menschen kamen ums Leben und hunderte mussten aus ihren Dörfern fliehen. Mitunter durch diese Kosteneinsparungen steigerte Vale 2017 so seinen Profit um 38% und machte 5,5 Milliarden Dollar Gewinn. Und der brasilianische Staat? Es war erst die Regierung Brasiliens, die der Bergbauindustrie und dem nationalen Kapital kontrollfreies Agieren gewährt und ermöglicht.

Die Absurdität der Wachstumslogik wird an zahlreichen Orten sichtbar. Vergiftet Flüsse, Meere voller Plastik, verpestete Luft oder ganze Regionen voller (Industrie-)Abfall in Südamerika, Asien oder Osteuropa. Die Produktion der Industrieländer erzeugt gigantische Berge an Müll. In der Regel wird der ins Ausland verschifft und dort verbrannt. Umweltschonend ist das nicht, aber ein gutes Geschäft allemal, auch für deutsche Unternehmen. Polen bekommt aus keinem anderen Land so viel Abfall wie aus Deutschland. Für die Betreiber der Müllanlagen ist die billigste Lösung den Müll zu verbrennen, anstatt viel Geld in Recycling zu investieren. Von diesem illegalen polnischen Geschäftsmodell profitieren deutsche Unternehmen also gleich zweimal: Durch unschlagbar günstige Preise und weil sie sich der Entsorgung nach Umwelt- und Standardkriterien schnell und einfach entledigen und zu den Nachbarn abschieben. Ein Widerspruch tritt gerade im Klimakontext besonders hervor: Unendliches Wachstum und endliche Ressourcen sind nicht miteinander vereinbar. Die Konzerne oder die politische Interessenvertretung kapitalistischer Staaten sind nicht in der Lage oder gewillt die gesellschaftlichen Existenz zu sichern und den Schutz unserer natürlichen Ressourcen zu gewährleisten. Immer größere Teile des Planeten werden unbewohnbar. Auch in den (noch) bewohnbaren Regionen wird das Leben ungemütlicher – nach Innen und nach Außen. Aufs Sorgfältigste werden die Mauern an den Grenzen und in den Behörden hochgezogen und immerfort verstärkt. Klimawandel und Umweltzerstörung bspw. werden als Fluchtgründe gar nicht erst anerkannt. Noch schneller saust da der behördliche Stempel auf die Ablehnungsbescheide und zementiert damit das Schicksal fliehender Menschen.

Deutsche Banken und Konzerne sind Fluchtverursacher

Das ökonomische Einflussgebiet deutscher Banken und Konzerne erstreckt sich heute über alle Kontinente. Mit steigendem Kapitalexport durch Unternehmensfusionen, dem Kauf von oder Beteiligungen an ausländischen Firmen, Krediten, Kapitaltransfers zur Gründung neuer Unternehmen im Ausland und reinvestierte Erträge von Tochtergesellschaften im Ausland hat das deutsche Kapital Monopole geschaffen und seine Stellung im globalen Konkurrenzkampf gefestigt. Bereits 1980 befanden sich unter den 100 größten Industrieunternehmen der Welt 14 aus Deutschland – darunter VW, Siemens, Daimler-Benz, Bayer, BASF und Thyssen. Seitdem hat sich das deutsche Kapital weiter ausgedehnt und sichert sich Absatzmärkte und Einflussgebiete in aller Welt. Der Gesamtbestand an deutschen Direktinvestitionen im Ausland erhöhte sich von 84 Mrd. DM (1981) über 600 Mrd. Euro (2000) auf 2.109 Mrd. Euro (2018).

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Deutsche Direktinvestitionen im Ausland in Mrd.

Und investiert wird überall. Ob dabei Menschen- und Gewerkschaftsrechte mit Füßen getreten werden, ist aufgrund der Profitlogik nicht von Interesse. So kooperierten zum Beispiel deutsche Firmen wie der VW-Konzern Anfang der 70er Jahre mit der faschistischen Militärdiktatur unter General Pinochet in Chile. Heute nehmen diesen Platz bspw. die reaktionären Regime in Saudi-Arabien und der Türkei ein. Der Kapitalexport dient also nicht einer nachhaltigen und ökologischen Weltwirtschaft, sondern der Profitmaximierung zugunsten weniger Aktionäre, Banker und Firmeneigentümer. Deutsche Textilfirmen lassen für Hungerlöhne in den Produktionsstätten Asiens produzieren, deutsche und europäische Fischereiflotten plündern die Fischbestände vor den Küsten Afrikas und deutsche Banken spekulieren mit Lebensmittelpreisen an den Börsen. Für Maximalprofite werden ArbeiterInnen, einheimische FischerInnen und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in die Armut getrieben und damit Flucht erzeugt.

Die Rolle von Weltbank, IWF und WTO

Wegbereiter für die Expansion deutscher Unternehmen und den uneingeschränkten Zugang zu Ressourcen und billigen Arbeitskräften spielen dabei Institutionen wie die Weltbank, der Internationale Währungsfond und die Welthandelsorganisation. Vor allem wirtschaftlich weniger entwickelte Länder des Südens sind auf Kredite genau dieser Institutionen angewiesen, welche aber nur gegen Auflagen gewährt werden. Diese Bedingungen folgen alle dem gleichen Muster: Abbau von Zoll- und Handelsbeschränkungen, Deregulierung und Privatisierung aller gesellschaftlicher Bereiche, wie dem Gesundheitssystem, öffentlichem Nah- und Fernverkehr oder Telekommunikation. Mit diesen Maßnahmen soll der staatliche Einfluss zurückgedrängt und alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens für ausländische Konzerne geöffnet werden. Dies führt in der Regel zu einem Ansteigen des Rohstoffexports, einer Schwächung der Industrie und letztendlich zum Import fertiger Produkte in den Süden, was es den abhängigen Ländern bedeutend erschwert aus diesem Teufelskreis auszubrechen.

Europäische Antwort: Grenzsicherung und Abschottung

Die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland ist von 2015 auf 2019 zurückgegangen, doch die prekären Lebensbedingungen und Kriege in den Hauptherkunftsländern halten weiter an. Das verdeutlicht die Antwort Deutschlands und der EU auf die steigenden Flüchtlingszahlen: Nicht ein Stopp der Rüstungsexporte, ein Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr oder der Schutz der Umwelt, sondern vielmehr Abschottung, militärische Grenzsicherung und rassistische Hetze.

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Frontex in Aktion

Nach einer kurzen Phase der „Grenzöffnung“ sind die etablierten Parteien wieder zum Alltagsgeschäft übergegangen: Um Abschiebungen schneller tätigen zu können, wurden zahlreiche Länder zu sogenannten sicheren Herkunftsländern deklariert, finden wieder verstärkt Grenzkontrollen statt und wurden Flüchtlings-Deals beschlossen.
Was die AfD für Deutschland fordert, hat die Bundesregierung auf europäischer Ebene längst vollzogen. Mit Hilfe von Frontex (siehe Kasten) sichert die EU militärisch ihre Grenzen, um die Opfer ihrer weltweiten kapitalistischen Politik nicht im eigenen Land zu haben.

Effektive Seenotrettung ist seitens Deutschlands und der EU politisch nicht gewollt, was auch am Umgang mit dem Seenotrettungsprogramm Mare Nostrum ersichtlich wurde. Mare Nostrum war eine vergleichsweise effektive Operation der italienischen Marine und Küstenwache zur Seenotrettung von Geflüchteten. Die Operation startete unmittelbar nach der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa im Oktober 2013 mit 366 ertrunkenen Menschen und dem darauf folgenden medialen Aufschrei und gesellschaftlichen Druck. Die Kosten für das Programm beliefen sich auf 9,3 Mio. Euro im Monat und 112 Mio. Euro im Jahr. Das Einsatzgebiet von Mare Nostrum reichte bis zur libyschen Küste und es konnten über 100.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet werden. Doch Mare Nostrum wurde eingestellt, weil sich die EU der Finanzierung verweigerte. Ein Vergleich: Die Kosten für den G7 Gipfel 2015 beliefen sich auf 360 Mio. Euro. Für ein 28 Stunden-Treffen von sieben Staats- und Regierungschefs wurde so viel Geld ausgegeben, wie drei Jahre „effektive“ Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer gekostet hätten. Anstelle von Mare Nostrum wurde 2014 die Internationale Operation Triton gestartet. Die EU beauftragte hierzu Frontex. Offensichtlich wird hier, dass es also um Grenzuschutz und nicht um die Rettung von Menschen in Seenot geht. Gleichzeitig ist auch die Finanzierung ein Schnäppchen. Die Kosten für Triton belaufen sich auf nur 36 Mio. Euro pro Jahr. Seit der Ablösung von Mare Nostrum durch Triton ist die Zahl der ertrunkenen Geflüchtete im Mittelmeer um das 16-fache gestiegen.

Zahlreiche NGOs – wie Sea-Eye, Jugend rettet oder SeaWatch – versuch(t)en Menschenleben auf dem Mittelmeer zu retten. Doch von unterschiedlichen Seiten wird ihnen die Arbeit erschwert: Beispielsweise organisiert die – über EU-Gelder aufgerüstete – lybische Küstenwache in Kooperation mit der EU „Push-back“ Aktionen und drängt so Flüchtlinge zurück. Dabei wird den Rettungs-NGOs nicht nur die Arbeit erschwert, sondern sie werden auch massiv bedroht. Gleichzeitig werden die NGOs in Deutschland und der EU kriminalisiert und delegitimiert, indem ihnen Zusammenarbeit mit Schleppern unterstellt wird oder sie zur Unterzeichnung von Verhaltenskodixi gedrängt werden, welche das internationale Seerecht brechen.

Frontex

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex wurde 2004 gegründet und dient der Kontrolle und militärischen Abriegelung der EU-Außengrenzen. Die Organisation wurde von der EU bewusst als private Agentur und nicht etwa als europäische Behörde aufgestellt, damit sie möglichst wenig rechtlichen Bindungen und parlamentarischer Kontrolle unterliegt. Frontex verfügt über ein ganzes Arsenal an militärischen Überwachungsgeräten: 20 Flugzeuge, 25 Hubschrauber, 100 Boote, Drohnen, Kamera- und Satelitensuchsysteme. Mit Hilfe dieser Hightech-Instrumente sollen Fliehende frühst möglich aufgespürt und an ihrer Weiterreise gehindert werden. Das hochmoderne Equipment ermöglicht Frontex eine nahezu lückenlose Überwachung des Mittelmeers sowie Erkenntnisse darüber, wann ein Schiff mit Fliehenden, an welchem Ort in Seenot ist. Allein 2016 sind rund 5.000 Menschen, die sich auf der Flucht befanden, im Mittelmeer ertrunken. Es ist also keine andere Schlussfolgerung möglich, als dass die Überwachung und militärische Abwehr vor der Lebensrettung von Geflüchteten stehen.

Europas Grenzsicherung – ein Milliardengeschäft

Die Leidtragenden der europäischen Grenzsicherung sind die vielen tausend Geflüchteten, die jedes Jahr auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer in Seenot geraten und ertrinken. Die Gewinner der militärischen Abschottung sind derweil Rüstungskonzerne und Sicherheitsagenturen. Der Londoner Branchendienst Strategic Defence Intelligence (SDI) prognostiziert, dass die EU in den kommenden zehn Jahren zu einem der größten Absatzmärkte für Grenzverteidigung wird. Von 2014 bis 2020 stellt die EU neun Mrd. für die Grenzsicherung zur Verfügung. Die Grenzsicherung besteht nicht mehr, wie vor 30 Jahren, aus weithin sichtbarem Beton und Stacheldraht. Heute schotten Helikopter, Drohnen und Schiffe die Grenzen ab. Insgesamt sind seit 1990 neue Grenzbefestigungen mit einer Länge von rund 1.000 Kilometern entstanden.

Im Europäischen Sicherheitsforschungsprogramm (ESFP) beraten Rüstungskonzerne die EU-Kommission in Fragen der Grenzsicherung. In diesen Gremien sitzen Vertreter aus der Rüstungsindustrie und anderen Konzernen in leitenden Positionen, darunter EADS, Thales, Siemes, Deutsche Post, der italienische Rüstungskonzern Finmeccanica oder der französische Drohnenproduzent Sagem. Gleichzeitig machen Hersteller von tödlichem NATO-Stacheldraht steigende Profite. Der militärisch-industrielle Komplex übt also zunehmend Einfluss auf die EU-Flüchtlingspolitik aus, denn Rüstungskonzerne machen mit dem Geschäft der Flüchtlingsabwehr Milliardenprofite. Und auch Firmen aus der Baubranche, der Schifffahrt und dem Technologiesektor freuen sich über sprudelnde Fördermittel und die Militarisierung der Grenzen. Doch Fluchtbewegungen lassen sich nicht mit Repression bekämpfen, sondern nur durch das Bekämpfen von Fluchtursachen.

Fluchtursachen bekämpfen, heißt Zusammenhänge verstehen

Jeder Krieg erzeugt Flucht, und hinter jedem Krieg stehen politische und wirtschaftliche Interessen. Am meisten leidet unter Kriegen die Zivilbevölkerung: Die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und die grausamen Gewaltakte, die sie im Krieg erleben, lässt ihnen oftmals keine andere Wahl als ihre bisherige Heimat zu verlassen. Genau wie zwischen Flucht und Krieg ein Zusammenhang besteht, ist diese Verknüpung auch zwischen Krieg und Kapitalismus gegeben – „der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“ (Jean Jaurés).

Durch den Zwang der Profitmaximierung gerät die Kapitalistenklasse in einen Konkurrenzkampf um menschliche und natürliche Ressourcen. Es geht um den uneingeschränkten Zugang zu Bodenschätzen, die Erschließung neuer Absatzmärkte, Produktionsstandorte und billige Arbeitskräfte. Dieser Konkurrenzkampf wird, wenn die Mittel der Diplomatie und Wirtschaftssanktionen nicht mehr ausreichen, letztendlich mit Waffengewalt geführt.

Die imperialistischen Länder führen aktuell Stellvertreterkriege, deren Schlachtfelder sich im Nahen Osten, der Ukraine und Afrika befinden. Zwischen Kapitalismus und einer friedlichen Entwicklung der Welt besteht also ein unlösbarer Widerspruch. Das bedeutet, der Kampf gegen Fluchtursachen geht einher mit dem Kampf gegen Krieg und Militär, sowie dem Kampf gegen die kapitalistischen Verhältnisse.

Fluchtursachen bekämpfen, heißt die antimilitaristische Bewegung aufbauen

Eine gute Möglichkeit gegen Fluchtursachen aktiv zu werden, ist das Engagement gegen die kriegerische Mobilmachung. Dabei verlassen wir uns nicht auf den Staat, der diesen Zustand verwaltet, Rüstungsausgaben steigert, Kriegsmandate durch die Parlamenten winkt und mit einer militarisierten Aufstandsbekämpfung gegen soziale und antikapitalistische Bewegungen vorgeht. Abrüstung ist Handarbeit. Es gibt bundesweit wenige Strukturen, die in der Antikriegsarbeit aktiv sind. Im Aufbau einer antimilitaristischen Bewegung stehen wir daher vor großen Herausforderungen. Die letzten großen Proteste gegen imperialistische Kriege liegen viele Jahre zurück. Zuletzt beteiligten sich 2003 mehrere Millionen Menschen an Aktionen gegen die Militärintervention im Irak. In Deutschland gibt es eine große gesellschaftliche Ablehnung von Kriegseinsätzen der Bundeswehr. Über die Hälfte der Bevölkerung sprechen sich alleine gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan aus. Ähnliche Werte hat auch die Ablehnung gegen den Kriegseinsatz ist (Nord)Syrien. Auch die Sammelabschiebungen in die Kriegsregion Afghanistan, die seit Winter 2016 Regierungspraxis auch in Baden-Württemberg geworden sind, stoßen in der Bevölkerung auf Unverständnis und breite Ablehnung.

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Antimilitaristische Aktion in Berlin

Mit dem Aufbau von antimilitaristischen Strukturen und in Selbstorganisation gilt es die vorhandene passive Ablehnung eines Großteils der Bevölkerung in sichtbar aktives Handeln gegen Krieg und Militarisierung zu wandeln. Dafür ist es nötig, das Kriegstreiben in all seinen Facetten hier vor Ort sicht- und angreifbar zu machen. Krieg ist nichts abstraktes was in anderen Ländern stattfindet und nur durch Medien oder das Fernsehen in unser Wohnzimmer eindringt. Kriege werden vor unserer Haustür vorbereitet, koordiniert und geübt. Kriegslogistik wird hier produziert. Hier wird geworben, geforscht und rekrutiert. Daher gibt es viele Ansatzmöglichkeiten für eine antimilitaristische Arbeit vor Ort: Einerseits die direkt militärisch erkennbaren Rüstungsindustrien, Bundeswehreinrichtungen und Truppenübungsplätze, andererseits viele auf den ersten Blick zivile Bereiche, die jedoch genauso wichtige Kampffelder der Antikriegsarbeit sind. Beispielsweise Schulen, Arbeitsagenturen und Universitäten. Wir können uns an Fluchtverursachern die Zähne ausbeißen. Denn es gibt nicht nur eine Bank, einen Konzern oder eine Militäreinrichtung, die es anzugehen gilt. Wir haben es mit einem ganzen Netzwerk von tausenden Unternehmen, Institutionen und Kriegstreibern zu tun, die eine berechtigte Zielscheibe für unseren Protest sind. Es handelt sich also nicht um Einzelfälle, sondern um ein ganzes System. Folglich ist es wichtig bei unseren Aktionen immer auch die Systemfrage zu stellen.

Wo auch immer sich die Bundeswehr, die Deutsche Bank, Heckler&Koch oder andere Kriegstreiber präsentieren, da werden auch wir sein. Wir wollen stören, Gegenproteste organisieren und Öffentlichkeit für antimilitaristische Positionen schaffen. Wir sind keine PazifistInnen und der legale Rahmen ist für Aktionen keine Haltelinie. Wenn wir mit Formen des zivilen Ungehorsams wie Sitzblockaden Militärmanöver behindern können, dann ist das richtig. Wenn die Fließbänder der Waffenproduktion oder die Bildschirme in den Zentralen der Drohnenkriegsführung aufgrund technischer Defekte ausfallen, dann sind all das richtige Ansätze. Es geht um nichts anderes, als Sand in das Getriebe der Kriegsmaschinerie zu streuen.

Lasst uns in den militärischen Normalzustand intervenieren, indem wir den militärisch-industriellen Komplex markieren, blockieren, sabotieren. Bekämpfen wir diese Verhältnisse gemeinsam.

Weiterführende Links:

Fluchtursachen bekämpfen:
www.fluchtursachen.tk
www.facebook.com/fluchtursachen

Antimilitaristische Analysen:
www.imi-online.de

Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung
www.otkm-stuttgart.tk
www.facebook.com/OffenesTreffenGegenKriegStuttgart

Initiative Kurdistan Solidarität Stuttgart
www.initiative-kurdistan.tk
www.facebook.com/initiativekurdistan

Aktionstreffen Klimagerechtigkeit
www.atk0711.wordpress.com
www.instagram.com/klimatreffen_st

Bloßes Lob des Friedens ist einfach, aber wirkungslos. Was wir brauchen, ist aktive Teilnahme am Kampf gegen den Krieg und alles was zum Krieg führt.“

Albert Einstein

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